Schöne neue Therapie-Welt?!

Visionen sind seit Helmut Schmidt bekanntlich eine knifflige Sache: Sie können schneller zum Alteisen gehören als gedacht. Ob es auch folgendes fiktives Beispiel einer Behandlungssituation treffen wird?

So weit muss es ja nicht gleich gehen: Auch 2036 dürfte es noch den einen oder anderen Doc aus Fleisch und Blut geben. Aber vielleicht reichen für Allerweltsleiden ja einfühlsame und intelligente Apps als Therapie-Assistenten aus?

Freitag, 29. Februar 2036, 11.11 Uhr: In seiner Praxis bittet Dr. Max Mustermann eine Patientin in das Besprechungszimmer. Während sich das Behandlungsgespräch entwickelt, erhält Dr. Mustermann auf seiner Smart Glass immer wieder kurze Hinweise, die ihn in Anamnese, Befunderhebung und Therapieplanung unterstützen sollen. Per Kamera, Mikrofon und Spracherkennung übernimmt der Raum-Computer die notwendige Dokumentation. Eine weitere Kamera filmt die Patientin, um verbale Äußerungen mit der Mimik abzugleichen und daraus möglicherweise lebenswichtige Schlüsse zu ziehen.

Da die Patientin Englisch spricht, kommt der digitale Konsekutivdolmetscher zum Einsatz, mit dem aus weltweit 6.000 Sprachen eine gemeinsame Kommunikationsbasis wird. Automatisch gleicht der Rechner ab, ob Dr. Mustermann wichtige Leitlinien oder Best Practice-Verfahren zumindest kennt und legt ihm dank Real-Time-Serveranbindung auch mögliche Differenzialdiagnosen aus anderen Fachgebieten dar. Der Arzt kann sich ganz der Patientin widmen, um die es ja schließlich geht. Und darum, Ressourcen freizuschaufeln im sogenannten Medizinbetrieb.

Den Therapieverlauf steuert und verfolgt Dr. Mustermann per laienverständlicher App. Diese hat die Patientin auf ihrer Smart Glass installiert, die wiederum mit weiteren Displays in der Wohnung vernetzt ist, zum Beispiel dem in der Tür des Kühlschranks. Die Patientin hat sich gegen Holo Doc entschieden, einen Health und Ambient Living Assistant, der bei Bedarf als Hologramm gerufen werden kann.

Das Medikamentenfach des Kühlschranks meldet Dr. Mustermann, wann die Tabletten zur Neige gehen und löst ein neues Rezept für die Apotheke aus. Tags darauf bringt eine Drohne die neue Packung vorbei.Und natürlich wird die Patientin rechtzeitig an ihren nächsten Termin bei Dr. Mustermann erinnert.